Der VwGH stellt im Sinne der EuGH-Rsp klar, dass das Vorliegen einer ordnungsgemäßen Rechnung eine bloße Formalanforderung für den Vorsteuerabzug darstellt.
Sachverhalt
Der Beschwerdeführer erwarb im Streitzeitraum ein Grundstücks, renovierte ein darauf befindliches Gebäude und errichtete dazu noch ein weiteres Gebäude. Zu diesem Zweck vergab er Aufträge im Wert von rund € 805.000,- netto (ohne Vereinbarungen hinsichtlich Gewährleistung oder Haftrücklass) an acht Gesellschaften und begehrte den Vorsteuerabzug.
Das Finanzamt begründet die Unzulässigkeit eines solchen Vorsteuerabzugs im Wesentlichen mit dem Vorliegen formeller Rechnungsmängel, insbesondere damit, dass die Rechnungen nicht die richtige Anschrift iSd § 11 Abs 1 Z 1 öUStG enthielten, weil die im Rahmen einer Betriebsprüfung beanstandeten Gesellschaften an den in ihren Rechnungen ausgewiesenen Anschriften nicht auffindbar gewesen seien bzw dort keine wirtschaftlichen Tätigkeiten entfaltet hätten. Zudem lägen keine Anbote vor und auch keine Bautagebücher oder Aufzeichnungen über Baubesprechungen anhand derer die Leistungen der Auftragnehmer verifiziert werden könnten.
EuGH-Urteil
Der EuGH hat in zwei ähnlichen (von den beiden Umsatzsteuersenaten des deutschen Bundesfinanzhofes dem EuGH vorgelegten) Fällen entschieden, "dass der Besitz einer Rechnung, die die in Art 226 der Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehenen Angaben enthält, eine formelle Bedingung für das Recht auf Vorsteuerabzug darstellt. Sind die materiellen Anforderungen erfüllt, ist der Vorsteuerabzug zu gewähren, selbst wenn der Steuerpflichtige bestimmten formellen Bedingungen nicht genügt hat."
VwGH-Erkenntnis
Der österreichische Verwaltungsgerichtshof (25.4.2018, 2018/13/0001) schließt sich der EuGH-Rsp an und stellte fest, dass die Versagung des Vorsteuerabzugs mit der Begründung des Fehlens formeller Voraussetzungen begründet worden sei. Die belangte Behörde habe jedoch keine Feststellungen zur Frage getroffen, ob die für die Gewährung des Vorsteuerabzugs erforderlichen materiellen Voraussetzungen erfüllt sind oder nicht. Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufzuheben.
Anmerkung
Hinzuweisen ist darauf, dass auf Ebene der EU generell an einem neuen Mehrwertsteuersystem gearbeitet wird. Es ist daher nicht ausgeschlossen, dass die Regelungen bzw Nachweispflichten iZm dem Vorsteuerabzug verschärft werden. So kommt es bspw bereits zu Verschärfungen bei der Behandlung einer ig Lieferung als steuerfrei: Ab 1.1.2020 ist die korrekte Meldung der UID-Nummer des Erwerbers in der ZM eine materielle Voraussetzung und nicht nur eine formelle Anforderung für die steuerfreie Behandlung.
Autorin: Mag. Elisabeth Kendler, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
November 2018