Laut Bundesfinanzgericht (09.10.2018, RV/7101179/2015) liegt kein Vorsatz vor, wenn der Steuerpflichtige aufgrund des im Ausland erfolgten Lohnsteuerabzuges davon ausgegangen ist seine steuerlichen Pflichten vollständig erfüllt zu haben. Demgemäß ist der für eine Abgabenhinterziehung notwendige Vorsatz als nicht erwiesen anzusehen.

Einleitung

Nach § 33 Abs 1 FinStrG macht sich einer Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt. Liegt Vorsatz vor, so verlängert sich die abgabenrechtliche Verjährungsfrist von fünf auf zehn Jahre.

Sachverhalt

Ein in Österreich ansässiger Techniker wurde von seinem Arbeitgeber ab 1. April 2006 nach Mazedonien entsandt. Neben seinen inländischen Einkünften erzielte er in Mazedonien ebenfalls Einkünfte aus nicht selbständiger Tätigkeit. Beide Länder haben jeweils die in ihrem Land erzielten Einkünfte einer Besteuerung unterzogen. Der Techniker nahm irrtümlich an, dass ihn durch den in Mazedonien erfolgten Lohnsteuerabzug keine weiteren abgabenrechtlichen Pflichten in Österreich treffen würden. Er wusste nicht, dass zwei Staaten ein Besteuerungsrecht auf ein und dieselbe Einkunftsquelle erheben können. Folglich reichte der Abgabepflichtige keine Steuererklärungen für die Jahre 2006 und 2007 in Österreich ein.

Von der Abgabenbehörde wurde eine vorsätzliche Abgabenhinterziehung unterstellt, weshalb die verlängerte Verjährungsfrist von 10 Jahren herangezogen wurde. Es sei unglaubwürdig, dass der Abgabenpflichtige sich bei seinem „allgemeinen Bildungsstand und seiner Intelligenz“ keine Gedanken über die Besteuerung seiner mazedonischen Einkünfte in Österreich gemacht hätte. Der Abgabenpflichtige hat es „ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden“ eine Abgabenverkürzung zu bewirken, anderenfalls er einen Steuerberater um Rat gefragt hätte, so die Begründung des Finanzamtes.

Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes

Das BFG folgte den Ausführungen der Abgabenbehörde nicht. Eine Abgabenverkürzung führt für sich alleine noch nicht zu einer Abgabenhinterziehung. Es müssten konkrete und nachprüfbare Feststellungen über die vorsätzliche (!) Abgabenhinterziehung getroffen werden damit die verlängerte Verjährungsfrist zur Anwendung gelangt. Ein bloßer Verdacht, der sich lediglich auf Vermutungen stützt, ist für die Annahme eines Vorsatzes nicht ausreichend. Zudem ist das Abstellen auf die „Intelligenz oder mangelnde Intelligenz“ eines Abgabe­pflichtigen für die Annahme eines Vorsatzes als Schuldform nicht ausreichend. 

Im gegenständlichen Fall wurde die Versteuerung der inländischen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit seit dem Jahr 2000 ohne Erklärungsabgabe und ausschließlich im Wege des Lohnsteuerabzuges durchgeführt. Demnach sei es nach Meinung des BFG glaubwürdig, wenn ein Abgabepflichtiger davon ausgeht, dass über den erfolgten Lohnsteuerabzug sämtliche steuerlichen Pflichten erfüllt seien. Dem Argument des aufgetretenen Sorgfaltsmangel durch die Nichtinanspruchnahme steuerlicher Beratung entgegnete das BFG, dass ein über den vorliegenden „Rechtsirrtum“ hinausgehender „Vorsatz“ dadurch nicht erwiesen sei.

Zusammenfassung

"Vorsatz" als Schuldform setzt eindeutige und konkrete nachprüfbare Nachweise seitens der Behörde voraus. Eine bloße Feststellung, dass dem Abgabenpflichtigen die Abgabenhinterziehung „aufgrund seiner Intelligenz“ bewusst sein hätte müssen, kann für sich allein keinen Vorsatz begründen.

Da der Abgabenpflichtige im konkreten Fall über keine besonderen Kenntnisse im internationalen Steuerrecht verfügte, war nach Ansicht des BFG ob des in beiden Ländern erfolgten Lohnsteuerabzuges kein Vorsatz erwiesen.

Autor: Dr. Hartwig Reinold, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Juli 2019

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